Kennzahlen
Kennzahlen gehören nicht gerade zu den Lieblingsbegriffen des Menschen. Dennoch: Messzahlen oder Key Performance Indicators sind essentiell für jeden, besonders für die Personalbeschaffung. Denn nur, wenn du weisst, wo der Hund begraben ist, kannst du ihn ausgraben! Anders gesagt: nur durch messen, findest du heraus, was funktioniert, was nicht funktioniert und wo du etwas verändern musst!
Das ist umso wichtiger, da z.B. im Recruiting die Suche und Einstellung passender Mitarbeiter erfolgskritisch für ein Unternehmen ist. Und deine Recruiting-Prozesse kannst du nur dann optimieren, wenn du Zahlen über den Status-Quo hast.
Welche Kennzahlen gibt es und welche sind relevant?
Damit du einen Eindruck dafür bekommst, was du alles messen kannst, habe ich im folgenden wichtige Recruiting Kennzahlen aufgeführt. Aber Achtung: natürlich kannst und sollst du nicht gleichzeitig mit allen Kennzahlen arbeiten. Entscheide, was für dich konkret lohnenswert ist bzw. welche spezifischen Zahlen dich wirklich weiterbringen und arbeite mit diesen!
Quantität und Qualität – Recruiting KPIs
- Gesamtzahl (Insgesamt, nach Senioritätslevel, nach Kompetenzen,…) und Qualität (Absagen im ersten Schritt, Absage nach Telefoninterview, Absage nach persönlichem Gespräch) der Bewerbungen sowohl absolut als auch relativ in % zur Gesamtzahl – Numbers and Quality
- Anzahl der Telefon-Interviews mit Bewerbern
- Anzahl der Erstgespräche und Zweitgespräche
- Offer-Rate (Angebotsrate in Relation zu allen Stellenbewerbungen und in Relation zu Interviews)
- Offer-Acceptance-Rate (in Relation zu Angeboten)
- Gesamtzahl der Einstellungen
- Anzahl der Einstellungen nach Seniorität, Geschlecht, Bildungsabschluss, Sourcing-Kanal, Kosten
- Einstellungsquote (in Relation zum Plan)
- Retention Rate (Prozentsatz der Neueinstellungen, die im Unternehmen nach einem bestimmten Zeitraum z.B. der Probezeit noch angestellt sind)
Kosten – Recruiting KPIs
- Kosten pro Einstellung / Cost-per-Hire: Die Kosten, welche je Stellenbesetzung für das Unternehmen durchschnittlich anfallen
- Recruiting-Kosten aufgeteilt auf Kanäle wie Jobportale, Personalberater, Messen, u.ä.
- Kosten pro Bewerbung (unabhängig von Passung respektive Einstellung).
- Kosten extern geschalteter Stellenanzeigen (gesamt / je Portal)
- Durchschnitts-Kosten extern geschalteter Stellenanzeigen je Portal und pro Position (dies auch in Relation zum Erfolg)
- Durchschnittliches Honorar bei Einschaltung eines Personalberaters/-dienstleisters nach Seniorität der Position
- Cost-of-Vacancy (auch eine unbesetzte Stelle verursacht Kosten, die berücksichtigt werden sollten)
Zeit – Recruiting KPIs
- Time-to-hire / Time-to-fill: Durchschnittliche Zeit von der Personalbedarfsmeldung (alternativ der externen Veröffentlichung des Bedarfs) bis zur Besetzung einer Stelle (alternativ bis zum Arbeitsbeginn des neuen Mitarbeiters).
- Time-to-Internal-feedback / Time-to-review : Durchschnittliche Zeit vom Bewerbungseingang bis zum Feedback (je nach Prozessschritten Feedback zwischen Telefoninterview und Erstgespräch, zwischen Erstgespräch und Zweitgespräch usw.)
- Time-to-interview: Durchschnittliche Zeit von der Personalbedarfsmeldung bis zum ersten Interview
- Time-to-offer: Durchschnittliche Zeit bis zum Vertragsangebot
- Prozentsatz unbesetzter Stellen nach X (z.B. 60 oder 90) Tagen
Kanäle – Recruiting KPIs
- Anzahl preferred Partner (Jobbörsen, Social media Kanäle, Personalberater, Personaldienstleister)
- Gesamtzahl geschalteter Stellenanzeigen (auf der Karriereseite)
- Anzahl geschalteter Stellenanzeigen auf Jobbörsen
- Zahl geschalteter Stellenanzeigen in Business und Social Media Netzwerken
- Anzahl Klicks bei extern geschalteten Stellenanzeigen
- Gesamtzahl Bewerbungen in Relation zu Klicks bei extern geschalteten Stellenanzeigen
- Anzahl Positionen, die an Personalberater weitergegeben wurden
- Gesamtzahl Einstellungen über Personalberater
- Anzahl Bewerbungen / Einstellungen jeweils über die Karriereseite, über Mobile, über Jobbörsen, über Business Netzwerke, über Active Sourcing, über persönliche Kontakte usw.
Ausbildungsmarketing / Hochschulmarketing – Recruiting KPIs
- Anzahl Ziel-Schulen / -Universitäten / -Hochschulen
- Zahl Aktivitäten vor Ort
- Anzahl Messen für Azubis / Messen an Hochschulen
- Gesamtzahl Kontakte zu Schülern / Studierenden über diese Messen
- Anzahl qualifizierter Bewerbungen je Messe und Schule / Hochschule
- Anzahl Einstellungen je Messe und Schule / Hochschule
- Kosten pro Bewerbung via Messen
- Anzahl außerschulischer / außeruniversitärer Maßnahmen
- Kosten außerschulischer / außeruniversitärer Maßnahmen
- Einstellungen als Folge außerschulischer / außeruniversitärer Maßnahmen
Das ist ganz schön viel! Und diese Liste läßt sich beliebig fortsetzen. Allerdings sind hier vor allem Recruiting-KPIs aus der Sicht des suchenden Unternehmens aufgeführt. Deshalb ist es für ein effektives Controlling wichtig, auch qualitative Kennzahlen aus Sicht der Bewerber zu betrachten. Dazu gehören z.B. die Bewerberzufriedenheit mit dem Prozess oder die Wahrnehmung des Employer Brandings. Aber diese Zahlen sind nicht ganz einfach messbar.
Wenn du feststellst, dass eine bestimmte Kennzahl für dich eine sehr hohe Priorität hat (z.B. die Sichtbarkeit und Qualität der Arbeitgebermarke oder der Prozentsatz unbesetzter Stellen nach x Tagen) und du hast bisher nicht die Möglichkeit, diese Zahlen zu messen, dann definiere Maßnahmen, durch die du aussagekräftige Ergebnisse gewinnen kannst. Insbesondere solltest du überlegen, welche Zahlen dir wirklich etwas bringen!
Recruiting KPIs – Ein einfaches Beispiel
Dazu schauen wir uns ein bewusst vereinfachtes Beispiel an!
Du postest eine Anzeige in Stellenbörse A und in Stellenbörse B, wobei du für die gesuchte Position 6 zu besetzende Stellen haben.
Preis pro Anzeige in Börse A: 5.000,- EUR
Anzahl Stellenbewerbungen: 20
Anzahl Einstellungen: 4
Kosten pro Stellenbewerbung: 250,- EUR
Kosten pro Einstellung: 1.250,- EUR
Offene Positionen: 2
Preis pro Anzeige in Börse B: 2.500,- EUR
Anzahl Stellenbewerbungen: 100
Anzahl Einstellungen: 1
Kosten pro Stellenbewerbung: 25,- EUR
Kosten pro Einstellung: 2.500,- EUR
Offene Positionen: 5
Wie du anhand dieses Beispiels sicherlich selbst feststellst, sind es weder alleine die absoluten noch die relativen Recruiting Kennzahlen, die den Unterschied machen. Sobald du dieses vor allem kostenorientierte Beispiel durch Zeit-Faktoren ergänzt, wird die Statistik komplex. Dementsprechend ist dies einer der Gründe, warum HR-Controlling ein Stiefkind im Recruiting ist.
Nichtsdestotrotz ist für die Effizienz im Personalmarketing und den Erfolg im Recruiting eine Erfolgsmessung unerläßlich. Deshalb ist es schlau, wenn du regelmäßig mit den wichtigsten Kennzahlen arbeitest. Dementsprechend zahlt es sich am Ende für dich aus. Wenn du verstehst, was Bewerber anzieht und was aus Bewerbern neue Kollegen macht, dann kannst du an den wichtigen Stellschrauben justieren.
Wichtige Recruiting-KPIs
Eine Pauschalaussage, welche KPIs unbedingt genutzt werden sollten, ist nicht machbar. Die einzig sinnvolle Antwort lautet: die Messzahlen, die dir am meisten weiterhelfen!
Wenn du dich am Anfang schwertust, dann beginne mit 5 einfachen Recruiting Kennzahlen: Anzahl Bewerber pro Stellenausschreibung, Offer Rate, Time to hire, Anzahl Einstellungen pro Kanal, Kosten externer Personalbeschaffungsmaßnahmen. Wenn du bereits jetzt weißt, dass du spezielle Brennpunkte hast (z.B. eine gefühlte hohe Fluktuation in den ersten Monaten), dann ist natürlich die Retention Rate eine enorm wichtige Zahl! Starte und arbeite dich weiter vor. Dann wirst du feststellen, dass dein eigenes Know-how wächst. Und mit der Zeit traust du dich an komplexere Zahlen heran.
Recruiting KPIs – Wertvoll
Kennzahlen im Recruiting sind kein Selbstzweck und auch kein Einmalereignis! Sie dienen der Erfolgsmessung und haben das Ziel, die Personalbeschaffung zu optimieren. Darüber hinaus geben sie deinen Maßnahmen im Employer Branding eine Aussagekraft und liefern Indikatoren, um deinen Recruiting-Prozess erfolgreicher zu machen. Und das gilt für alle Veränderungs-Prozesse im Leben.
KPIs müssen letztlich zu den Unternehmenszielen passen. Und sie machen nur Sinn, wenn sie im Zeitverlauf beobachtet werden. Dann kannst du nachvollziehen, ob und wie deine Maßnahmen im Lauf der Zeit erfolgreich sind.
Auch wenn ich mich wiederhole: Es geht nicht darum, möglichst viel zu messen, sondern darum, dass du die für DICH wirklich relevanten und richtigen KPIs auswählst und stringent controllst. Das Motto ist: „weniger ist mehr“ oder anders ausgedrückt: „Qualität statt Quantität“. Es ist besser, wenn du konsequent mit 5-6 Zahlen arbeitest, als wenn du dir 15 Zahlen aussuchst, die dann in der Schublade verschwinden.
Tools
Übrigens: Moderne Personalmanagementsysteme bzw. Recruiting-Softwaresysteme decken auch den Punkt Recruiting-Controlling ab. Neben den bekannten Recruiting Kennzahlen sollte auch immer die Möglichkeit bestehen, dass du eigene Recruiting-KPIs definieren kannst
Fazit
Nutze die Indikatoren und Ergebnisse, die die durch Kennzahlen verdeutlicht werden. Wenn dich anschließend die ergriffenen Maßnahmen zum Erfolg führen, dann machst du dir das Leben in der Bewerbersuche deutlich einfacher! Und das ist ein überzeugender Grund, um mit Kennzahlen zu arbeiten!